bitsLockdown S02E01

Der kommende Lockdown setzt auch unserer Redaktion etwas zu, denn das Bildungssystem ist immer noch nicht digitalisierter als im Frühjahr. *** Wenn die Geschäfte schließen, muss man nicht auf Amazon ausweichen. Es gibt Alternativen. *** Die Signal-Verschlüsselung bleibt sicher, auch wenn Nachrichten gerade was anderes suggerieren. Der Tagesrückblick.

Die Montag-Ausgabe von bits, unserem wochentäglichen Newsletter.
Die Montag-Ausgabe von bits, unserem wochentäglichen Newsletter. CC-BY 4.0 netzpolitik.org

Hallo,

am Mittwoch beginnt Staffel zwei der verschärften und beliebten Kontaktbeschränkungen in Deutschland, im Volksmund auch „Lockdown“ genannt. Wie im Frühjahr soll das öffentliche Leben für mindestens 3,5 Wochen mehr oder weniger stillstehen. Pessimistisch betrachtet werden wir noch mit einer Staffel-Verlängerung rechnen können, denn zum Stichtag des 10. Januars werden wir erst die Auswirkungen von Weihnachten und Silvester in den Statistiken und Krankenhäusern sehen können.

Viele Eltern sind jetzt auch wieder gestresst, wie wir es auch in unserer eigenen Redaktion sehen können. Ein Teil hat mittlerweile Kinder und aus dem Frühjahr wissen wir, dass die Betreuung von Kleinkindern (wir haben auch einmal Zwillige) nicht nebenbei am Schreibtisch funktioniert und das Home-Schooling der Älteren auch nicht durch Youtube gelöst wird.

Das Frustrierende dabei ist, dass die vielen warmen Worte und Versprechen der Politik aus dem Frühjahr und Sommer immer noch nicht im Bildungsbereich angekommen sind. Demnächst also wieder in diesem Theater: Viele eingescannte PDFs und Docs zum Ausdrucken und anschließend wieder Einscannen, wenn sich denn die Lehrer:innen melden, die teilweise zuhause vor demselben Problem stehen. Und die versprochene Digitalisierung des Bildungssystems kommt dann pünktlich nach dieser Pandemie. Oder nach der Nächsten. Frühestens.

Es gibt aber ausnahmsweise auch positive Nachrichten, denn Corona verschafft uns ein Böllerverbot. Als Berliner begrüße ich das sehr, denn hier gibt es an normalen Silvestern für mehr als 24 Stunden einen ohrenbetäubenden Dauerlärm, der abgesehen von einem kurzen Moment um Mitternacht keinen Spaß macht.

Am Mittwoch schließen fast alle Geschäfte und bevor alle zu Amazon rennen und Jeff Bezos noch reicher machen, will ich nochmal auf eine Alternative hinweisen, zumindest wenn man Bücher verschenken will und keinen Buchladen um die Ecke hat. Der soziale Buchhandel buch7 verspricht alle bis zum 18.12. bestellten Bücher auch rechtzeitig verschicken zu können, damit sie vor Weihnachten ankommen. Der Shop investiert alle Gewinne in soziale Projekte, vor Jahren erhielten wir auch aus der Ausschüttung eine schöne Spende.

Kurze Pausenmusik:

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Die Erstellung dieser Ausgabe wurde freundlicherweise von Tomas Rudl unterstützt.

Neues auf netzpolitik.org

Die EU-Minister haben ihre umstrittene Resolution für eine Gesetzgebung für verpflichtende Hintertüren beschlossen, wie Alexander Fanta aufgeschrieben hat: EU-Staaten wollen Zugang zu verschlüsselten Nachrichten.

Eine Resolution der Innenminister fordert „rechtmäßigen Zugang zu Daten“ in verschlüsselter Kommunikation. Das weckt Befürchtungen, dass Anbieter wie WhatsApp zum Einbau von Hintertüren verpflichtet werden könnten.

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Am Freitag hat das Bundesverfassungsgericht ein Urteil zur Antiterror-Datei abgegeben, das uns überhaupt nicht überraschte. Leonard Kamps hat die Details: Datamining in Antiterrordatei für Strafverfolgung war verfassungswidrig.

Nach dem letzten Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Antiterrordatei legte die Bundesregierung noch einen drauf. Ein Gesetz erlaubte Polizeien und Geheimdiensten mit Datamining nach neuen Erkenntnissen zu stochern. Das erklärte das Bundesverfassungsgericht jetzt für teils verfassungswidrig.

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Serafin Dinges hat sich angeschaut, wie ältere Menschen die Digitalisierung nutzen, um nicht im Lockdown alleine zu sein: Wie alte Menschen sich im Lockdown vernetzen.

Die Corona-Pandemie hat viele in die Isolation gedrängt. Besonders alte Menschen waren angehalten, jeden Kontakt zu vermeiden. Wir haben recherchiert, was für öffentliche und private Angebot es gibt und wie groß das Problem der Alterseinsamkeit wirklich ist.

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Alexander Fanta hat ein Interview zu der Frage geführt, wie wir das Anzeigengeschäft von Google besser regulieren können: Sollen wir Online-Werbung wie den Finanzmarkt regulieren?

Die Forscherin Dina Srinivasan untersucht, warum Google die Anzeigenmärkte im Netz dominiert. Im Interview mit netzpolitik.org erzählt sie, warum der Konzern mit Interessenkonflikten davonkommt, die keinem Hedgefonds erlaubt wären.

Was sonst noch passierte:

Mit einer ungeplanten Transparenzoffensive geht die rechtsaußenkonservative Werteunion an die Öffentlichkeit. Deren Mitglieder wollen zu 95% Friedrich Merz als nächsten CDU-Parteivorsitzenden, so weit, so erwartbar. Von ganzen 100% der an der Umfrage teilnehmenden Mitglieder:innen wurden dabei aber Name und Mailadresse veröffentlicht. Das ist ein guter Showcase, wie man Online-Voting richtig praktiziert: Entweder man macht das nicht oder man muss das eben zur Nachvollziehbarkeit richtig transparent machen. Sonst könnte sich ja jemand beschweren, dass das gefälscht ist. Ich bin mir aber gerade unsicher, ob die wirklich soweit gedacht haben.

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Nachdem Armin Laschet am laufenden Band unter Beweis stellt, dass man ihm eigentlich lieber keine Bundesregierung zur Verantwortung geben möchte und Friedrich Merz außer seinen Greatest Hits aus den 80ern und 90ern keine Programmatik über seine eigene Person hinaus liefern kann, bekommt Norbert Röttgen immer mehr Aufmerksamkeit. Der Dritte im Kampf um den CDU-Vorsitz galt als wenig chancenreich, auch weil er als klug und kompetent gilt, was in der CDU aber in der Regel eher schädlich sein kann. In der aktuellen Situation erscheint er aber vielen mehr und mehr als kleineres Übel. Die Süddeutsche Zeitung ordnet das in einem Portrait ein: Der entspannte Kandidat.

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Die Techkonzerne bauen ihr Lobbying in der Europäischen Union weiter aus, wie die New York Times berichtet: Big Tech Turns Its Lobbyists Loose on Europe, Alarming Regulators. So neu ist der Trend übrigens nicht, wir beobachten das schon seit vielen Jahren, beispielsweise bei den Regeln zur Netzneutralität und der Datenschutzgrundverordnung. Der Grund ist, dass auf EU-Ebene eher Regeln gesetzt werden, die dann zu einem globalen Standard werden können, weil in den USA selbst minimale Regulierung durch die dortige Wahlkampffinanzierung und zu viele Lobbyisten verhindert wird. In Brüssel finden dann auch viele Stellvertreterkriege statt. Eine Herausforderung dabei ist, dass zivilgesellschaftliche Kräfte strukturell massiv benachteiligt sind, weil die Industrie-Kräfte ein Vielfaches an Geld und sonstigen Ressourcen zur Verfügung haben.

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Bei Facebook finden immer mehr Mitarbeiter:innen heraus, dass sie auf der falschen Seite der Geschichte gelandet sind und kündigen: After The US Election, Key People Are Leaving Facebook And Torching The Company In Departure Notes.

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Währenddessen kommt das Unternehmen immer mehr in Indien unter Beschuss, wo die eigene Infrastruktur noch mehr Schaden anrichten kann als bei uns: In India, Facebook Fears Crackdown on Hate Groups Could Backfire on Its Staff.

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Die Porno-Plattform Pornhub steht zu recht in der Kritik, weil sie zu wenig gegen Missbrauchsdarstellungen, Revenge Porn, Jugendschutz und weitere Sachen getan hat. Die Journalistin Melissa Gira Grant schreibt bei TNR darüber, dass aber auch christliche Fundamentalisten in der Kritik mitschwimmen und die haben ganz andere Motive: Nick Kristof and the Holy War on Pornhub.

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Die New York Times schreibt über negative Nebenwirkungen, wenn moderne Streaming-Medienimperien von einigen alten weißen Männern regiert werden: Apple TV Was Making a Show About Gawker. Then Tim Cook Found Out.

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Die absurde Saga rund um den Verfassungsschutz in Mecklenburg-Vorpommern und seine Rolle im Breitscheidplatz-Attentat geht weiter. Die Taz am Wochenende beschreibt ausführlich die neuesten Entwicklungen inklusive einer rühmlichen Sitzung des Untersuchungsausschusses im Bundestag zu dem Fall: Terroranschlag auf dem Breitscheidplatz – Showdown im Bundestag.

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Im Moment geistert eine Nachricht durchs Netz, dass der israelische Überwachungsdienstleister Cellebrite den freien Signal-Messenger hacken könnte. Das klingt gefährlicher als es ist, denn auch die Überwachungswerkzeuge von Cellebrite braucht einen physischen Zugriff aufs Smartphone und das funktioniert nicht übers Netz. Laut dem Signal-Entwickler Moxie Marlinspike müsste das betroffene Android-Gerät zudem entsperrt sein, also könnte man sich die Nachrichten auch gleich in der App ansehen. Die Kommunikations-Verschlüsselung von Signal wird damit jedenfalls nicht gebrochen, selbst wenn die PR-Meldung des Spyware-Herstellers weiter ihre Runde dreht: Israeli Spy Tech Firm Says It Can Break Into Signal App Previously Considered Safe From Hacking.

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Marken wollen gerne kontrollieren, wie über sie berichtet wird. Manchmal wird das aber so übergriffig, dass es die Pressefreiheit betrifft. Der Grafikkartenhersteller NVIDIA wollte einen Youtube-Kanal dafür boykottieren, dass dieser die Rechenleistung der Grafikkarten anders berechnet als von dem Unternehmen gewünscht. Heise-Online berichtet über den Fall: Nvidia – Eingriff in redaktionelle Inhalte – wieder einmal

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Ohne die Programmiersprache C gäbe es sehr viele Dinge nicht oder zumindest nicht so, wie wir sie kennen. Bei arstechnica gibt es eine Einordnung und die Geschichte der wohl einflussreichsten Programmiersprache aller Zeiten: “A damn stupid thing to do”—the origins of C.

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Bei den Blättern für internationale Politik beschreibt Annett Mängel fehlende Pandemie-Strategien und wie diverse Akteure diese kritisieren, ohne bessere Vorschläge zu bringen bzw. sich deren Vorschläge als noch unwirksamer zeigen: Ärzte gegen die Aufklärung.

Audio des Tages: Leonhard Dobusch bei „Was mit Medien“

Ich höre seit vielen Jahren gerne den „Was mit Medien“-Podcast von Daniel Fiene, Sebastian Pähler und Dennis Horn. In der aktuellen Ausgabe ist Leonhard Dobusch zu Gast, der regelmäßig bei uns als fester-freier Gastautor schreibt und „für das Internet“ im ZDF-Fernsehrat sitzt. Thematisch geht es in dieser Folge um die Zukunft des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk und den aktuellen Streit um die Gebührenerhöhung.

Video des Tages: Big Dating

Bei dem Thema „Nerd sucht Frau und programmiert sich dafür eine App“ kann man sehr viel falsch machen und von einem Klischee ins nächste stolpern. Positiv überrascht war ich von „Big Dating“ in der ARD-Mediathek, die die meisten Fallen charmant umschifft und gute Unterhaltung in acht Folgen je 28 Minuten geliefert hat.

Ich bekomme regelmäßig Job-Angebote im netzpolitischen Bereich zugeschickt und dachte mir, dass eine zusätzliche Rubrik ein guter Service sein könnte. Zweimal die Woche werde ich zukünftig auf aktuelle Job-Angebote hinweisen.

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FragdenStaat in Berlin sucht Volljurist*in! (80-100%, ab Februar 2021) für Informationsfreiheitsklagen und eine gute Sache.

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Reporter ohne Grenzen suchen eine „Teamleitung Nothilfe und Stipendien (m/w/d, 38,5 h/Vollzeit, unbefristet)“ ab dem 1. Februar in Berlin.

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Gleich vier wissenschaftliche Stellen hat das Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft – Thüringer Dokumentations- und Forschungsstelle gegen Menschenfeindlichkeit (IDZ) in Jena ausgeschrieben. Dort kann man über Polarisierung und Nazis und dergleichen forschen.

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Das war es für heute. Viele Grüße und bleibt gesund,
Markus Beckedahl

Ich freue mich immer über Feedback und gute Hinweise. Meine Mailadresse ist markus@netzpolitik.org. Ich bin zwar häufig von zu vielen eMails überfordert und bekomme nicht alle beantwortet. Aber ich lese alle Mails.

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